Des Kaisers neue Kleider Lyrics & Tabs by Reinhard Mey

Des Kaisers neue Kleider

guitar chords lyrics

Reinhard Mey

Album : Die Story liedermacher PlayStop

Nicht weit von meiner Wohnung wurde vor nicht langer Zeit,
Was ich durchaus begrüß‘, ein Kindergarten eingeweiht.
Nun muß noch auf den Rasenplatz davor ein Stück Kultur,

Nicht etwa eine Schaukel, nein, eine Skulptur.
Dafür hat man einen Künstler aus Grönland engagiert,
Der dort mit Schmieröl und Walfischkot experimentiert.
Ich hab‘ nichts gegen Eskimos, ich frag‘ mich nur, warum
Laufen bei uns so viele arbeitslose Bildhauer herum.
Wie dem auch sei, das Kunstamt hat auch für mein Steuergeld
Die Plastik „Kind und Chaos“ auf dem Rasen aufgestellt.
Seitdem trau‘n sich die Kinder nur mit Tränen und Geschrei
Und auch nur unter Strafandrohung an dem Ding vorbei.
Nicht eine Taube, die auf „Kind und Chaos“ niederschwebt,
Und kein Hund muß so nötig, daß er‘s Bein daran hebt.
Was mich betrifft, ich hab‘ die Faxen satt.

Nicht eine Taube, die auf „Kind und Chaos“ niederschwebt,
Und kein Hund muß so nötig, daß er‘s Bein daran hebt.
Was mich betrifft, ich hab‘ die Faxen satt.
Sieht denn hier keiner, daß der Kaiser keine Kleider anhat?
Das ist weder neu noch or‘ginell, das ist nur beknackt.
Seht doch mal richtig hin, der arme Kerl ist splitternackt.
Mit Cola, Chips und Popcorn sitz‘ ich voll Erwartung da,
Im Fernseh‘n kommt der große Showstar aus Amerika.
Und die Programmzeitschrift sagt, der sei dort unheimlich beliebt,
Die Klasse Entertainer, die es halt nur drüben gibt.
Und damit man ihn nun auch in uns‘ren Landen entdeckt,
Hat ein Redakteur wochenlang bei ihm Speichel geleckt.
Aha, die Show fängt an, jetzt zeigt er, daß er tanzen kann,
Wie die Hupfdohlen von der Volkstanzgruppe nebenan.
Und dann singt er Evergrenns und läßt auch „Mamie Blue“ nicht aus,
Oh, Mann, diese Meterware hängt mir so zum Halse raus,
Und eigentlich nimmt‘s jedes Schlagersternchen mit ihm auf,
Denn „People“ und „My Way“ hat hier auch jeder Trottel drauf,
Und den Sketch auf Englisch würd‘ ich sicher auch nicht versteh‘n,
Hätt‘ ich ihn nicht drei Klassen besser mit Hans Moser geseh‘n.
Was mich betrifft, ich hab‘ die Faxen satt.
Sieht denn hier keiner, daß der Kaiser keine Kleider anhat?
Das ist weder neu noch or‘ginell, das ist nur beknackt.
Seht doch mal richtig hin, der arme Kerl ist splitternackt.
Was früher meine Kneipe war, heißt heute „Chez Janine“,
Janine heißt Jutta Specht und macht jetzt auf „Nouvelle Cuisine“,
Und weil was „Neu“ und „Küche“ heißt, mich brennend interessiert,
Hab‘ ich dann auch das große Feinschmecker-Menu probiert:
Als Vorspeise den Gurkenwürfel auf Kressepüree,
In hausgemachtem Kräutersud mit Wacholdergelee,
Danach ein handgeschnitt‘nes Steak vom selbstgeheizten Grill,
Hauchdünn, dazu Karottensplitter mich pochiertem Dill.
Nach langem Suchen hab‘ ich dann auch das Dessert entdeckt,
Geraspeltes Melonenmark, mit Kokos abgeschmeckt.
Wer nun so‘n spackes Handtuch ist, wie ich, ist drauf erpicht,
Daß er ordentlich Nachschlag kriegt, gab es aber nicht,
Dafür ‘ne dicke Rechnung, mit dem letzten Wechselgeld
Hab‘ ich mich bei der nächsten Bratwurstbude angestellt.
Was mich betrifft, ich hab‘ die Faxen satt.
Sieht denn hier keiner, daß der Kaiser keine Kleider anhat?
Das ist weder neu noch or‘ginell, das ist nur beknackt.
Seht doch mal richtig hin, der arme Kerl ist splitternackt.
So könnte ich noch stunden-, ach was, tagelang erzähl‘n
Von Beutelschneidern, Scharlatanen und sonstigen Gesell‘n,
Vom großen Opernschöpfer, dem kein Mensch sagt, daß er spinnt,
Weil die, die dahin geh‘n, ja doch taub und versteinert sind,
Vom Lyriker, der sich vor Lachen in die Hose macht,
Weil alles glaubt, er habe sich bei seiner Lyrik was gedacht.
Vom Städteplaner, der die Schönheit von Beton erklärt
Und dann am Abend in sein Bauernhaus auf‘s Land rausfährt.
Sie gleichen sich im Grunde wie ein Ei dem ander‘n gleicht,
Wir woll‘n ja, daß sie uns verkohl‘n, wir glauben ja so leicht.
Ein bißchen Skepsis ließe sie schon völlig bloß dasteh‘n,
Man müßte sich nur angewöh‘n, besser hinzuseh‘n
Und ruhig lachen, wenn was lächerlich ist, und zwar laut,
Und wenn man auch der einz‘ge ist, der sich zu sagen traut:
Was mich betrifft, ich hab‘ die Faxen satt.
Sieht denn hier keiner, daß der Kaiser keine Kleider anhat?
Das ist weder neu noch or‘ginell, das ist nur beknackt.
Seht doch mal richtig hin, der arme Kerl ist splitternackt.

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